Hilfsgütertransport in die Ukraine, Mai 2024
Von Michael Roffler (NeSTU und ProUkraïna), michael.roffler@proukraina.ch
Am 22. Mai 2024 konnten wir (ProUkraïna, Parasolka und NeSTU) einen grossen Transport mit einem ukrainischen Sattelschlepper nach Uzhhorod durchführen.
Geladen wurden zahlreiche Hilfsgüter im Wert von über 125‘000 Franken. Von medizinischer Infrastruktur, über Mobiliar für den Neubau in Vil‘shany bis hin zu 60 Transportfahrrädern inklusive 700 kg Fahrrad-Ersatzteile war so ziemlich alles dabei, was man sich vorstellen kann.
Aber beginnen wir doch von vorne. Nach der GV im März 2024, wo das Projekt Hilfsgüter-Transporte zum ersten Mal einem grösseren Publikum vorgestellt wurde, meldeten sich umgehend mehrere Leute, die dazu beitragen wollten. Darunter war Material im Wert von Tausenden von Franken, welches in der Ukraine dringend gebraucht wird. Wir konnten es im Zwischenlager in Winterthur einlagern, bis genügend Material für einen Transport beisammen war.
Auch Parasolka trug viel dazu bei, so zum Beispiel elektrische Rollstühle, zusammenklappbare Tische aus einem Kirchgemeindehaus in Stansstad, Arbeitstische aus einer Fabrik in Aarburg und qualitativ hochwertige Stühle aus einer Kirche in Trimbach. Die Praxis-Übergabe einer Gynäkologin im Kanton Thurgau ergab noch zusätzliche wertvolle Geräte und Infrastruktur.
Des Weiteren warteten in Schaffhausen 60 Transportfahrräder, ein Tandem, sowie zwei weitere Velos bereits seit Anfang des Krieges auf einen Transport in die Ukraine. Die schon ziemlich frustrierten Spender suchten immer wieder erfolglos nach einer bezahlbaren Transportmöglichkeit und einem zuverlässigen Abnehmer. Niemand traute sich den Transport dieser fabrikneuen Fahrräder zu –aus logistischen, zolltechnischen oder Kostengründen. Oder man verzichtete einfach darauf, weil Wert und Nutzen dieser Ladung nicht erkannt wurden. Ein solches Velo kostet im Laden 1‘100 Franken – man rechne. Auf den teilweise sehr schlechten Strassen sind solch robuste Transportfahrräder ein Segen und ersetzen das Auto, wenn es z.B. darum geht, einen Einkauf zu transportieren.
Nachdem ein weiterer Versuch einer Vergabe an Dritte scheiterte, beschlossen wir, das Projekt selber anzugehen und haben es konsequent realisiert, obwohl es logistisch tatsächlich eine Herausforderung war. An einigen Orten hätte kein Sattelschlepper vorfahren können, weshalb die Hilfsgüter mit kleineren Miettransportern zu Sammelpunkten transportiert werden mussten, welche sich für die Beladung eignen. 2
Ausserdem mussten Gewichte und Volumen in zweckmässiger Genauigkeit ermittelt werden, bevor eine Transportroute festgelegt werden konnte, was einige Fahrten zur Rekognoszierung nötig machte. Wir sind ja auch keine Gratis-Entsorgungsfirma und CAMZ ist kein Brockenhaus, weshalb wir nicht einfach alles annehmen, ohne es vorher zu begutachten. Um mit den Spendengeldern maximal haushälterisch umzugehen, engagierten wir einen ukrainischen Transporteur, der viel preiswerter fahren kann, als ein westeuropäisches Transportunternehmen. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass für den Transport durch die EU zolltechnisch ein Transitverfahren angewendet werden kann, wobei die Güter gar nie in die EU eingeführt werden.
Am 22. Mai 2024 war es dann soweit. Der ukrainische Sattelschlepper war um Punkt 07.59 beim Treffpunkt in Aarburg, wo wir die erste Ladung aufnahmen. Anschliessend fuhren wir zusammen die Tour ab und beluden den Lastwagen in Stansstad und Winterthur.
Dabei halfen uns der kürzlich angeschaffte, manuelle Deichselstapler und der Paletten-Trolley, da der Sattelschlepper über keine hydraulische Hebebühne verfügt. Ohne diese Geräte hätten wir keine Chance gehabt, den 21-Fuss-Container in Winterthur in 45 Minuten zu leeren und die Güter auf den Lastwagen zu heben.
Die letzte Station vor dem Zoll war dann Flurlingen, wo die Fahrräder aufgeladen wurden. Dabei halfen uns die Spender, Thomas Lösch vom Velowerk Schaffhausen, Daniel Wyder von der Firma Amsler in Feuerthalen und sein Angestellter Pedro Mende. An dieser Stelle soll auch der Hersteller der Fahrräder „Tern Bicycles“ dankend erwähnt werden, der dieses Projekt mit einem namhaften Betrag unterstützte.
Die Zollpapiere waren sauber vorbereitet worden und die Abfertigung dauerte gerade mal 15 Minuten. Um 16 Uhr, also nur 8 Stunden nach Beginn der Tour in Aarburg, fuhr der Sattelschlepper in Kreuzlingen über die Grenze. Bereits am 27. Mai 2024 wurde in Uzhhorod abgeladen und viele Güter sind schon an ihren Bestimmungsort verteilt worden. 3
Das Tandem befindet sich in Tyachiv bei Parasolka, wo es zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden soll. Damit kann auch mal jemand mit grösserer Beeinträchtigung per Fahrrad in die Stadt gelangen, wenn jemand vom Personal das Tandem steuert. Wir warten auf das Video vom Fahrtraining für das Personal in Tyachiv – das könnte amüsant werden.
Ausserdem wurden zehn Transport-Fahrräder nach Tschernihiv geliefert, wo sie bereits an einer Benefiz-Veranstaltung zum Einsatz kamen, welche an die Opfer des russischen Angriffs erinnerte.
Viele glückliche Gesichter krönten den erfolgreichen Abschluss und wir bedanken uns bei allen, welche mit ihren Mitgliedschaften und Spenden solche sinnvollen Projekte überhaupt erst ermöglichen!